Berlin – Herbstsonate mit Absinth

AbsinthHerbstsonate – Corinna Harfouch und Frizzi Haberland „spielen sich ums Leben“ wie die Begleiterin treffend bemerkt. Das Bühnenbild mutet an wie eine begehbare Grafik von M.C. Escher, auf der die Schauspieler umherirren – zielgenau. Wir sind geflasht von soviel Intensität und Darstellungskunst.

Danach Absinth-Bar in Mitte, goldene Tapete hinter Flaschenbatterien, Ansiduft rauchgeschwängert und der französische Beherrscher des Wunderortes trifft mit der Auswahl unserer Absinthe ideal den je individuellen Geschmack. Es „vangoght“ leicht im Oberstübchen. Theater und Bar verweben sich in unseren Köpfen zu einem stimmigen Gesamtgefühl. Berlin um Mitternacht.

Ein Schiff wird kommen…. unterwegs1

Telefonbilder_Dezember_2015 922Meine Großmutter hat stets behauptet, wir seien mit Klaus Störtebecker verwandt. Mir gefällt die Idee, echte Freibeuter-Gene zu haben. Und vielleicht erklärt das auch meine übergroße Begeisterung für alles Maritime. Und wenn dann noch ein Lieblingsmensch mit der wunderbaren Idee um die Ecke kommt, ein veritables Schiff kaufen zu wollen und selbiges zum Kulturschiff umzubauen, produziert die Begeisterung funkelndes Feuerwerk.

Also: Das Clubschiff Cäcilie, Jahrgang 1913, war gekauft und sollte im April 2015 auf dem Wasserweg von Kiel über die Nordsee, Weser und Aller bis nach Celle geschippert werden. An Bord: Der frischgebackene „Reeder“, seine drei (reichlich erwachsenen) Söhne und vier gestandene Seebären mit jeder Menge Seemannsgarn im Gepäck.

In Brunsbüttel vor der großen Schleuse nahmen die Kerle mich an Bord. Abends gab es Matjes, Bier und Shanties, begleitet von Hannes mit dem Akkordeon. So Hans-Albers-Nostalgie-Dinge eben. Und Geschichten von den Weltmeeren, etwa so: „In der Karibik  habe ich deutsche Weihnachtslieder gesungen, mit frei erfundenem Text und die waren trotzdem begeistert“; oder so:  „Vor der Biskaya, bei rauer See, da hieß es plötzlich, mein „Moses“ sei über Bord! Wir sind verzweifelt  eine Stunde an der Stelle gekreuzt, dann hat ihn jemand in einer Ecke im Laderaum entdeckt, halbtot vor Seekrankheit“.

Morgens gab es dann für mich echte Wunschtraumerfüllung: Wir beim Frühstück auf derTelefonbilder_Dezember_2015 581 Brücke (der „Reeder“ hatte frische Brötchen geholt), gucken raus auf den Kai – auf dem die Flaneure neidvoll auf das Schiff gucken, so wie ich sonst immer, mit dem Gedanken „haben die es gut! Da würde ich auch gern sein!“. Manchmal ist Triumph großartig!

Rheingold

Abends in Worms: Ein Quad knattert auf die Bühne. Hagen von Tronje im Batman-Kostüm. König Etzel ist herausgeputzt wie eine Mischung aus Dschingis Khan und Ion Tiriac, die Burgunderbrüder geben die täppischen Blonden und ein Akrobat schwingt sich zirkusreif durch die Lüfte. Nibelungen? E-Gitarre, Bass und Saxophon übersetzen das mittelalterliche Epos klanglich.

In der HalbzeitpaWormsuse trinken wir uns etwas durch die feinen regionalen Weine.  „Jetzt verstehe ich, warum hier überall große, bunt bemalte Dinosaurier herumstehen“,  sagt eine Dame im Festspielgewand. „Das soll Siegfrieds Drache sein!“ Manchmal braucht es ein ganzes Festival, um das Stadtmarketing zu übersetzen.

Siegfried, der heldische Drachentöter,  tritt in dieser Aufführung nicht auf. Er ist ja schon tot als Witwe Kriemhild die burgundische Verwandtschaft an Etzels Hof lädt. Das Gemetzel am Schluss wird von grauen Gestalten getanzt, Rhythmus der Worte. Nibelungenfestspiele auf „rockig“.