Neulich in Baku 2

Es gibt zwei Gesten, die man in Baku sofort lernt, wenn man weder Aserbaidschanisch noch Russisch noch Türkisch spricht: Überkreuzte Arme heißt entweder geschlossen oder verboten (kommt sehr oft vor) und eine geschlängelte Tauchbewegung mit der Hand signalisiert „Unterführung“. Die ist lebensnotwendig, um im höchst kreativen Stoßverkehr lebend durch die erratische Blechlawine zu kommen. Für Touristen kann das regelwidrige Straßenüberqueren nicht nur gefährlich sondern auch kostspielig  sein: Bei einem Betreuungsverhältnis von 5:1 kann man sicher sein, dass in Sichtweite ein Polizist steht. Umgerechnet 200.- bis 400.- Euro soll so ein Regelverstoß kosten. Einheimische lösen das Überqueren allerdings ähnlich kreativ wie den Umgang mit Verkehrsregeln, die es sicher auch hier gibt: Man schließt sich in Grüppchen zusammen, eng, fasst sich bisweilen an den Händen und stürzt sich als Menschenpulk in den Verkehr, erzwingt sich qua Masse den Weg auf die andere Seite. Eine Methode, die übrigens auch zum Überqueren der mehrspurigen Stadtautobahn angewandt wird.

Neulich in Baku 1

Leere Bahnsteige, leere Gleise, keine Lautsprecherdurchsage, fast gespenstische Stille liegt über dem Bahnhof. Es gibt nicht einmal einen Fahrplan. Aber auf den Bänken sitzen Menschen.  Das scheint man hier am Bahnhof so zu tun, man kommt, setzt sich an die stillen Gleise, wartet ein wenig und geht dann wieder nach Hause. Draußen trubelt es, die zentrale Metrostation, Shoppingcenter, Kino, Kentucky-Fried-Chicken im historischen Gebäude, dort ist Bewegung. Der Bahnhof selbst ist ein Hort der Ruhe und des Stillstandes. Die wenigen Züge kommen nur früh morgens und abends. Und der Wartesaal ist groß, schön, bunt und leer. „Hier könnte man gut feiern“, sagt mein Begleiter, Und wir machen es wie die Bakuwiner draußen am Bahnsteig, setzen uns hin und warten ein bisschen.  Auf nichts.