Auf der Galata-Brücke bilden die Ruten der Angler ein bizarres Geäst. Dicht an dicht. Ihre Köderfische glotzen leicht blöde aus den Bechern. Köderverkäufe, fein säuberlich aufgereiht. Und wir lassen uns als echte Touristen ködern: Dem vorbeieilenden Schuhputzer fällt eine Bürste aus der Kiepe, direkt vor unsere Füße. Bücken, aufheben, hinterherlaufen, Bürste zurückgeben sind eins. Wild gestikulierend dankt der ambulante Sauberkeitsmann und drängt uns einen Schuhputz auf. Als Dankeschön, so scheint es. Sprachblöde können wir uns des türkischen Wortschwalls nicht erwehren und lassen das flüchtige Schrubben über uns ergehen. Als mein Begleiter sein Hosentaschengeld zückt, greift der Schuhputzer (wir haben immerhin „Anatolien“ und „Kind im Hospital“ verstanden) einen großen Schein – und fordert noch mehr. Verblüfft und lachend lehnen wir ab. Jetzt fällt mir auch wieder ein, was „nein“ und „danke“ heißt. Zu spät. Wir haben über 20 Euro fürs Schuheputzen bezahlt.
Aber ich finde, wir haben alles richtig gemacht: Als anständiger Tourist hat man ein Recht darauf, auch mal übers Ohr gehauen zu werden. Und als anständiger Schuhputzer aus Anatolien in der großen Stadt hat man wahrscheinlich ein Recht darauf, verträumte Touristen in der Abenddämmerung schnell mal um ein paar Euros zu erleichtern. Passt also alles.
Zur Belohnung gibt’s Balik-Ekmek, Fisch im Fladenbrot, frisch vom kleinen Fischmarkt neben der Brücke. Hier treiben auch viele Männer mit Angelruten von Stand zu Stand. Ob sie wohl auf dem Heimweg noch schnell ihren „Fang des Tages“ kaufen?