Reise-Kaffee… aus Uganda

Kaffee verbindet. Nirgends kann man so gut dem Leben in einer fremden Stadt zusehen, wie von einem Straßencafé aus, als unbeobachtete Beobachterin. Mein Freund Andreas und ich schicken uns von Reisen immer Kaffeetassenbilder. Nicht die gängigen Sehenswürdigkeiten oder lokale Besonderheiten, nein, unsere Kaffeemomente. Ich habe von ihm Kaffetassenbilder aus der Karibik, aus Leipzig oder  von Mallorca – und nun aus Uganda. Ja, die Bilder sind fast austauschbar, auch wenn die (auf dem Bild unsichtbare) Umgebung unterschiedlicher nicht sein könnte.

Nun hat er mir Pulverkaffee aus Uganda mitgebracht. „Der schmeckt echt sensationell“. Er weiß, dass ich eine Kaffee-Sissi bin, am liebsten nur reinen Arabica trinke und Robusta-Bohnen hasse, Filterkaffee aus der Kaffeemaschine meide wie die Pest. Die rot-gelbe Dose steht nur wie die Verheißung von Ferne, von Afrika und dem Erleben fremder Welten in meiner Küche. Allein schon beim Ansehen bekomme ich glückliches Fernweh. Mein Kopf reichert die Erinnerung an seine Reisebilder mit Klang und Geschmack an, und meine Phantasie lässt die Kaffeedose zu einer verheißungsvollen Glücksversion der Büchse der Pandora werden, die die Essenz jener afrikanischen Region freisetzen wird – sobald ich sie öffne. Bittersüß und tiefdunkel. Unterwegs-sein nur mit den Geschmacksnerven.

 

Kulinarische Grenzgängerei… Von Austern bis Balut

Ekel kann ein aufregendes, ja fast erregendes Gefühl sein. Zumal im kulinarischen Bereich. Nah an der Scham und vom Abscheu weit genug entfernt, dass ein proto-lüsternes Schaudern sich ausbreiten kann. Wie sonst ist der Voyeurismus der Dschungel-Camp-Gucker zu erklären?

Und gewinnt der Genuss von Austern  nicht durchaus auch durch die Überwindung eines zarten Ekels seinen Reiz? Das kalte, zuckende Fleisch einer Moluske sich einzuverleiben. Oder Carpaccio, das stets leicht blutig schmeckt und den Carnivoren in uns wach küsst.

Eigentlich lebe ich mit dem Vorsatz, Neugier und Erfahrungslust dem Ekel vorzuziehen, und sei es nur für einen Bissen, eine kleine Verkostung. Sandwurm und Glasaal-Kanapée fanden so ebenso den Weg durch meinen Schlund, wie Lunge, paniertes Euter oder gebratenes Kalbshirn. Ein Biss davon eben, nichts überzeugte zu mehr. Der Seeigel-Sushi, Glibber am Stück und dann das Gefühl, einen Ozean verschluckt zu haben, war durchaus interessant. Und Casu Marzu, jener verbotene Hirtenkäse den ich im toskanischen Apennin versuchen durfte, der erst dann essreif ist, wenn er von kleinen, weißen Maden bewohnt wird, habe ich mit viel Wein hinuntergespült. Okay, nicht ohne zu versuchen, von den Gastgebern unbemerkt die eine oder andere Made vom Teller zu schubsen._DSC9304

An meine Grenzen brachte mich jedoch Balut, eine philippinische Spezialität: Angebrütetes Entenei, das in Meerwasser gekocht wird. Fliegende Händler bieten sie feil. Ich habe beim Essen zugesehen. Entenembryo. Kopf und Körper, große  Augen, Schnabel, Federflaum, alles gut sichtbar. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, ob Schnabel und Knochen beim Kauen krachen, knirschen, Knuspergefühle auslösen. Oder ob Federflaum zwischen den Zähnen hängen bleibt. Ich glaube, ich habe den Essenden angestarrt und in meinem Gesicht ein Feuerwerk von Mikro-Expressionen in Sachen Ekel abgefeuert. Hier hat allein das Zuschauen meine Neugier mehr als befriedigt.